Coast Starlight Express: Amerika hinter Glas

Von Surferstränden zu Wasserfällen: Eine Fahrt mit dem bejahrten Coast Starlight Express ist wie eine Bilderreise voller USA-Nostalgie. In 37 Stunden legen die Passagiere die 2000 Kilometer lange Strecke von Los Angeles bis Seattle zurück -- mit Luxus hat das wenig zu tun.

Es ist ein Gruß aus vergangenen Zeiten, dem die Surfer und Wellenreiter am Strand zwischen Santa Barbara und San Luis Obispo da plötzlich zuwinken -- erst verhalten, dann immer heftiger: einem hochglanzpolierten Lindwurm aus Stahl und Aluminium von einer halben Meile Länge mit zwei Loks vorweg.

Der Zug kam von hinten und hat sie überrascht, als sie ihre Bretter für den nächsten Ausflug aufs Wasser vorbereiteten. Nur ein paar Dutzend Meter vom Pazifik entfernt verlaufen hier die Gleise, die breite Küstenstraße ist weit entfernt. Und nur einmal am Tag stampft der “Coast Starlight Express” auf dem Weg von Los Angeles nach Seattle vorbei, ein weiteres Mal in Gegenrichtung auf dem Weg zurück in den Heimatbahnhof.

Er wirkt dabei wie aus der Zeit gefallen in einem Land, wo die Menschen jeden Meter mit dem Autos zurückliegen und Schienen allenfalls dann nutzen, wenn sie mit der U-Bahn unter ihren Wolkenkratzern hindurch zur Arbeit fahren.

Die Surfer am Pazifikstrand sehen diesen Nachmittag nicht, dass die Leute hinter den Fenstern der 60 Jahre alten Panoramawagen, der Schlafwagenabteile und der Bord-Cafeteria zurückwinken. Zu grell blendet das Licht der Sonne, das auf die Scheiben und die silberne Außenhaut des Zuges fällt. Aber sie hören, was der Lokführer ihnen mitzuteilen hat: Dreimal lässt er es gewaltig tuten, lässt die Lok mit aller Macht zurückgrüßen.

Bilderreise voller Amerika-Nostalgie

37 Stunden benötigt der “Coast Starlight Express” für die über 2000 Kilometer lange Strecke von Kaliforniens Mega-Metropole bis an die Fjorde des US-Nordwestens -- erst direkt am Pazifik entlang, später dann durch dichte Nadelwälder, an Wasserfällen und einsamen Seen vorbei, durch Tunnel und Gebirge. Mit Aussichten, die man nur von den Gleisen, nur von diesem Zug aus hat. Es ist eine Bilderreise voller Amerika-Nostalgie.

“Meistens fliege ich die Strecke”, erzählt einer am Nebentisch im Speisewagen. “Aber so komme ich entspannter an. Das andere Reisetempo ist schuld daran.” Jetzt lächelt er -- und blickt über Hühnersalat mit Ananas hinweg auf den Ozean. Zwei Plätze weiter albert ein Vater mit seinem Sohn herum. Beide tragen ohne das geringste Gefühl von Peinlichkeit Schaffnermützen aus Pappe, die der Kleine gerade geschenkt bekommen hat. Und noch ein paar Plätze weiter hält ein älteres Pärchen Händchen beim Blick Richtung Pazifik.

Mit Luxus hat dieser Zug trotz Schlafwagen, trotz eigener Toilette in den teuersten Abteilen, trotz Speisewagen und A-la-Carte-Menü wenig zu tun. Er ist in die Jahre gekommen und immer noch in erster Linie Fortbewegungsmittel. Die Betreibergesellschaft Amtrak steht nicht allzu hoch in der Gunst der Politiker, die Fördergelder verteilen und erwirtschaftet selber haarscharf das Geld, um mit Ach und Krach zu überleben -- aber nicht genügend, um groß zu investieren, Waggons rundzuerneuern und an vielen Stellen Kleinigkeiten auszubessern. Das macht nichts -- wenn man es weiß und nicht mit falschen Erwartungen kommt.

 

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