Flughafencheck Washington: Berlin-Tegel auf US-Amerikanisch

Der Ronald Reagan National Airport in Washington gibt sich bescheiden: Auf Chichi wird verzichtet, das kulinarische Angebot ist dürftig. Dafür ist die Aussicht beim Anflug spektakulär -- wenn das Wetter mitspielt.

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Vielleicht werde es diesmal nichts mit der Landung in DCA, knarzte neulich der Kapitän durch die Lautsprecheranlage. Gewitter, Sturmböen und so. DCA, das ist das Kürzel für Washingtons städtischen Flughafen, den Ronald Reagan National Airport. Man werde gegebenenfalls auf den internationalen Flughafen Dulles ausweichen, weit draußen vor der Hauptstadt. Dann war Funkstille. Und die Wackelei begann.

Also was nun: Dulles oder doch DCA? Keine Ahnung, sagte die Stewardess, der Pilot sei beschäftigt. Aha.

Mit Anflügen auf den Reagan-Airport ist das so eine Sache: Bei schlechtem Wetter sind sie kein Vergnügen. Das Flugfeld ist eine Art Halbinsel im Potomac River; meist ist es windig und die Landebahn ist kurz. Wegen der Flugverbotszone drumherum -- DCA liegt in direkter Nachbarschaft von Weißem Haus und Pentagon -- müssen die Piloten beim Anflug aus dem Norden dem Flusslauf folgen und dann, kurz vor der Landung, eine Rechtskurve fliegen.

Bei gutem Wetter ist “Reagan” einer der besten Airports des Landes. Jedenfalls was den Anflug betrifft. Sichert man sich einen Platz auf der linken Seite des Flugzeugs und wird dem Piloten die Nordroute zugewiesen, geht der Blick auf die Mall mit dem Washington Monument, auf das Weiße Haus und den Kongress. Der Landeanflug als Touristenattraktion.

Kein Chichi, dafür Pretzels in mehreren Varianten 

Am Boden ist es dann schnell vorbei mit der Attraktion. Erbaut Anfang der Vierzigerjahre und erweitert in den Neunzigern, besitzen die Gebäude den Charme einer Sport- und Mehrzweckhalle. Die Architektur ist: ehrlich. DCA ist ein Flugfeld mit angegliederter Abfertigungshalle, hier landen nahezu ausschließlich Inlandsflüge, quasi Berlin-Tegel auf Amerikanisch. Mehr zu sein, das gibt man gar nicht erst vor. Wer Airport-Chichi wie Kino, Top-Restaurants, Lounges möchte, ist hier fehl am Platz.

Es gibt auch Wichtigeres zu tun: Koffer werden in DCA noch manuell fortbewegt -- und zwar vom Passagier selbst. Nach dem Check-in trägt man sein Gepäck zur Sicherheitskontrolle. Kofferlaufbänder? Gibt es nicht. Wenn es vor der Durchleuchtungsstation zum Gepäckstau kommt -- und das passiert nicht selten -, sollte man am Rand stehen und seinen Koffer im Blick haben. Durchaus möglich, dass er sonst einfach vergessen wird.

Das Essen ist ähnlich ehrlich wie die Architektur: Es gibt nicht vor, mehr zu bezwecken, als der Sättigung zu dienen. In jedem Terminal gibt es zum Beispiel eine Auntie Anne’s Brezelbude. Die Amerikaner nennen die Breze allerdings Pretzel, was durchaus in Ordnung ist, weil die US-Variante mit dem bayerischen Originalprodukt kaum noch etwas gemein hat. Bei Tante Änne etwa hat man ein Wiener Würstchen in ein röhrenförmiges Brezelprodukt implementiert.

Der “Pretzel Dog” wird in verschiedenen Varianten angeboten: Standard (“get it & go!”), Jumbo (“portable & filling”) und Mini (“bundles of joy”). Für die Härteren gibt es ihn mit Käse überbacken, für die ganz Harten streuen die Zubereiter noch grüne Chilischoten drüber. Die Leute von der Brezelbude müssen gutes Geld verdienen, denn der unverkennbare Geruch ihres Hauptprodukts ist in nahezu jedem von DCA aus startenden Flugzeug zu erschnuppern.

 

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